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Zikas lange Schatten
Keinen lassen diese Bilder kalt: Neugeborene, denen der halbe Kopf fehlt. Mikrozephalie. Täter: das Zika-Virus. Aber wer erinnert sich noch daran, dass es vor 50 Jahren so etwas schon einmal gegeben hat? Damals gab es in den USA eine Röteln-Epidemie. Der Anteil der Kinder mit Mikrozephalie war ähnlich groß wie heute in Brasilien. Weitgehend unbekannt ist auch, dass in Deutschland das Zytomegalievirus ähnliche Fälle verursacht. Denn die kommen gar nicht erst auf die Welt. Besonders katastrophal ist die Wirkung für den Fötus, wenn sich eine Frau im ersten Schwangerschaftsdrittel mit einem dieser Viren infiziert. Doch auch danach ist die Gefahr nicht gebannt. Forscher vermuten, dass die Mikrozephaliefälle jetzt in Brasilien lediglich die Spitze des Eisberges sind. Augenschäden und Hörschäden zeigen sich schon jetzt. Die Experten erwarten zudem psychomotorische Beeinträchtigungen, die erst in Jahren sichtbar werden. Gehören vielleicht sogar Autismus und Schizophrenie zu den Spätfolgen? Die Zika-Epidemie hat eine Forschungsoffensive in Gang gebracht. Das Virus öffnet der Forschung eine Tür, um endlich auch die Spätfolgen von Virusinfektionen in der Schwangerschaft besser zu verstehen.
Mücken mit Gepäck
Sie fliegen unter dem Radar, und niemand weiß, was sie mitbringen: Seit ein paar Jahren erweitern zugereiste Arten die Mückenfauna in Deutschland. 2006 fanden Wissenschaftler erstmals Spuren der Asiatischen Tigermücke, 2009 die Asiatische Buschmücke. Was diese beiden gemein haben: Sie sind in der Lage, Krankheitserreger auf den Menschen zu übertragen, und zwar von Krankheiten, die hierzulande bisher lediglich ganz vereinzelt von Rückkehrern aus den Tropen bekannt sind. Doch auch die heimische Mückenfauna ist für Überraschungen gut: Bei der Blauzungenkrankheit unter Schafen, Rindern und Ziegen 2006 und dem Ausbruch des Usutu-Virus, das 2011 ein Amselsterben im Dreiländereck Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen ausgelöst hat, haben heimische Stechmücken die Krankheitserreger verbreitet – niemand hat damit gerechnet. Seit Anfang 2011 wird endlich etwas unternommen, was Insektenforscher und Parasitologen seit Jahren fordern: Wissenschaftler erfassen systematisch, welche Mückenarten es in Deutschland gibt – neue und alte.
Viren gegen Krebs
Viren machen krank. Sie programmieren Zellen um, bis sie produzieren, was das Virus will. Nun versuchen Wissenschaftler die fragwürdigen Talente dieses Killers gewinnbringend einzusetzen – gegen Krebs. Lange schon kursierten Geschichten von spontan heilenden Tumoren, die mit einer Virusinfektion in Zusammenhang standen. Ein Fallbericht etwa stammt aus Afrika: Ein Junge litt an einem Burkitt-Lymphom, einem aggressiv wachsenden Tumor um die Augen herum. Der Junge bekam keine Therapie, trotzdem wurde der Tumor kleiner – zeitgleich mit einer Masern-Infektion. In den Fünfzigern – weder Chemo- noch Strahlentherapie waren entdeckt –begannen Ärzte, mit den fiesen Viren zu experimentieren, zunächst ohne nennenswerten Erfolg. Als dann mit der Gentechnik aber neue Werkzeuge zur Verfügung standen, nahm die Forschung Fahrt auf. Wissenschaftler zogen Polio-Erregern den Giftzahn, richteten Herpes-Viren ab und verabreichten sie unheilbar Kranken. Erste klinische Studien sind gerade abgeschlossen, und es sieht gut aus: Mancher Patient könnte geheilt werden.
© 2005, letzte Aktualisierung am 23. November 2017